Verbandstag der Bayerischen Baugewerbeverbände

München, 23.05.2014

Innenminister Joachim Herrmann beim Verbandstag der Bayerischen Baugewerbeverbände: Heimische Baufirmen behaupten sich in Europa - Aufträge an ausländische Firmen im Staatlichen Hochbau unter einem Prozent - EU muss auch künftig Regionen die nötigen Freiräume für bürgernahe Ausgestaltung belassen

+++ Bayerns Innen- und Bauminister Joachim Herrmann hat Befürchtungen, dass durch europäische Vergabeverfahren und Ausschreibungen von großen Bauprojekten kaum noch heimische Baufirmen zum Zuge kommen, als unbegründet bezeichnet. Beim Verbandstag der Bayerischen Baugewerbeverbände, die ihre Veranstaltung im Deutschen Museum unter das Motto 'Wie viel Europa verträgt die Bauwirtschaft?' gestellt hatten, sagte Herrmann: "Im vergangenen Jahr wurden von rund 100.000 erteilten Aufträgen im staatlichen Hochbau 165 an Firmen gegeben, die ihren Sitz im Ausland haben. Bezogen auf die Auftragssummen war das weniger als ein Prozent." Dabei war der Freistaat allein im staatlichen Hochbau mit Bauausgaben von 1,44 Milliarden Euro eine der größten öffentlichen Auftraggeber für das bayerische Baugewerbe. 22 staatliche Bauämter realisieren mehr als 5000 Bau- und Erhaltungsprojekte pro Jahr. +++

Gut vorbereitet sieht Herrmann die heimische Bauwirtschaft auch für die EU-Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe, die vorschreibt, dass spätestens ab Oktober 2018 die Vergabeverfahren ausschließlich unter Anwendung elektronischer Kommunikationsmittel abgewickelt werden. Herrmann: "Inzwischen arbeiten rund 25.000 Firmen mit uns auf unserer elektronischen Vergabeplattform. Der digitale Vergabeprozess spart Zeit und Kosten. Schnellere Wege, kürzere Bearbeitungszeiten und exakt definierte Prozesse ermöglichen ein transparentes und effektives Vergabeverfahren."

Herrmann warnte die EU-Kommission davor, sich immer mehr Einfluss in Bereichen zu sichern, in denen sie eigentlich keine Zuständigkeit hat. Zwar sei der Einsatz der Kommission für einen freien Wettbewerb in Europa richtig. Gerade auch deutsche Bauunternehmen profitieren, wenn sie ungehindert Zugang zum spanischen oder finnischen Markt haben. "Aber nicht nachvollziehbar ist es", so Herrmann, "wenn vor allem in Bereichen der Daseinsvorsorge ohne erkennbaren grenzüberschreitenden Wettbewerb Investoren durch übermäßige Anforderungen des Europäischen Wettbewerbsrechts verschreckt werden. Das ist insbesondere beim Wohnungsbau für bestimmte Zielgruppen besonders bedauerlich, weil der Staat hier auf die Zusammenarbeit mit den Investoren angewiesen ist."

Abschließend sagte der bayerische Bauminister, dass durch den europäischen Wettbewerb die sogenannten weichen Standortfaktoren wie öffentliche Infrastruktur und Lebensumfeld immer wichtiger würden: "Hier unterstützen wir die Gemeinden mit der Städtebauförderung. Mit ihr tragen wir auch zur Sicherung der Beschäftigungen im örtlichen und mittelständischen Baugewerbe bei." Für Maßnahmen der Städtebauförderung konnte Bayern in den vergangenen Jahren Mittel des Europäischen Strukturfonds nutzen. Seit 1993 flossen über verschiedene Programme mehr als 200 Millionen Euro für nachhaltige Erneuerungsmaßnahmen.